Verzweifelte Situationen, verzweifelte Maßnahmen...

Henkersmahlzeit

 „Wurgh, Ich kann das Zeug nicht mehr sehen!“ Dann fliegt ein Krug mit aufgekochtem alten 'Etwas' durch die Mensa. „Wollt Ihr lieber hungern, Zwerg?“ Dieser murrt unter seinem orange-farbigen Bart nur zum Koch. „Ich fress lieber Gras. Nun nimm deine Pampe und vergifte die anderen!“ Einen ablehnenden Seitenwink später verschwindet er durch die Tür nach draußen.
Gleichzeitig trifft vor dem Kloster eine neue Lieferung Essen ein. „3... 5... 6... 6? Wo sind die anderen 12 Ladungen? Wo ist der Verantwortliche hierfür!“ Ein Mann der Karawane schüttelt nur den Kopf. „Verdammt diese elenden Biester. Wieder nur Reste für die Rekruten. Dann ist dieses bisschen halt wieder für die Offiziere.“ Eine Hand auf der Schulter mahnt ihn zur Wende. Sir Markus Rofur schüttelt seinen Kopf verneinend. „Wir können den Rekruten und Soldaten nicht länger diesen Fraß anbieten. Wir können keine Unruhe gebrauchen. Ich habe meine Quellen dort.“ „Aber“, wendet der Mann ein, „wie sollen wir das denn den anderen erklären? Die Offiziere werden kochen vor Wut!“ „Pah, diese rückratlosen, machthungrigen Nichtsnutze sollten einmal wieder an die Front. Gebt mir das Essen. Ich habe eine Idee.“ „Das ist...“ „Lästerei? Willst Du niederer Soldat mich anschwärzen? Wen glauben sie wohl eher. Jetzt geht mir aus den Augen! Und ihr bringt das Essen in die Kantine, aber sucht Euch ein paar Mann um es zu verteidigen!“
Kurz darauf gehen Kisten, getragen von eifrigen Mannen Richtung Soldatenküche. Der Zwerg selbst sieht nur gebannt zu. „Kommt die Nachspeise? Ich hätte doch bleiben sollen.“ „Kommt einfach mit Herr Zwerg. Sir Rofur erklärt gleich alles.“ „Rofur?“ Sofort schwingt sich der Zwerg an die Karawane. „Soll Ich tragen helfen?“ Beim Eintreffen in der Küche werden die Träger frenetisch gefeiert. Zumindest solange, bis der Koch von den Kisten verscheucht wurde. Dann wird es unruhig.
„Ruhe! Still gestanden!“ Rofur tritt ein. „Diese Kisten enthalten die besten Lebensmittel, die wir haben. Ich entbiete mindestens sechzig Leuten von Euch eine herrliche Mahlzeit, aber dafür verpflichten sich diese meiner Sache uneingeschränkt zu Folgen! Dies ist keine Bitte, sondern ein Befehl. Wenn sich keine sechzig Leute finden, dann such Ich mir welche und diese kriegen das Essen nur, um beim Abmarsch fit zu sein. Jeder der diesem Befehl nicht nachkommt kann dies als Henkersmahlzeit sehen. Ich habe momentan Hunger und Zeit dies im Foltertrakt zu klären! Verstanden!“ Eine Wand des Zuspruchs kommt entgegen und sogleich treten mehr als genug Kandidaten vor. Hunger macht gefügig. Gewalt auch. „Gut“ Rofur lächelt.

Belagerung

272 Huf stehen am Ende unter Rofur bereit. Alle Willens ihm zu folgen. Dann geht der Ritt los. Sie reiten schnell. Der Vorteil eines Reittrupps gegenüber einer Karawane ist die Schnelligkeit. Genau das, um der Belagerung zu entkommen. Rofur war stets vorbereiten und so hatte er auch hier Vorbereitungen getroffen. Loyalität, Respekt, Wille und die Taktik. Letzteres aber ebenso sinnlos ohne die anderen. Ein guter Plan dem keiner Willens ist zu folgen ist nichts wert. Und blinde Loyalität ist der eigene Tod.
Der Bereich der Belagerung war in den nördlichen Tirisfal Bergen. Der Kreuzzug behielt sich den Pass zu Boden vor, von beiden Seiten gesichert. Das Bollwerk selbst stand unter Teilkontrolle der Horde. Unpassierbar, höchstens durch einen schnellen Durchbruch. Und dennoch, auch wenn der Pass zu Boden gesichert war, der Feind kam aus der Luft. Gargoyle verschlangen die Karawanen und treiben den Weststützpunkt des Kreuzzugs in den Ruin. Wollten sie die Autorität behalten, dann mussten sie die Karawanen von Herdweiler durchbringen. Rofur war bereit dies mit Blut zu bezahlen. Und in der Tat sie waren schnell. Als sie Herdweiler erreichen haben sie nur drei Verluste zu beklagen. Und diese fielen weniger den Gargoylen zum Opfer, als ihrer eigenen Dummheit beim Reiten. Schnell war alles organisiert. Der Weststützpunkt war lebenswichtig, um im Osten Tirisfals die Oberhand zu behalten. Er durfte nicht verloren gehen. So gleich ist eine neue Karawane bereit und die Soldaten wechseln zum Fußmarsch. Packmulis werden beladen und Rofur hat noch eine 'spezielle' Bestellung an die Lagerbestände von Herdweiler. Er teilt die verbliebenen 65 Mann in 12 Gruppen auf. Er und Grimnus der Zwerg leiten je eine, die anderen acht werden von den Unteroffizieren übernommen. Die schwächeren fünf Gruppen erhalten je noch einen Mann. Dann gibt er Seile aus.

Tödliche Pranken

Es ist ein denkbar leichtes System. Fünf bis sechs Mann sind jeweils spinnennetzförmig durch leicht durchhängende Seile verbunden mit der Karawane in der Mitte. Das Durchhängen für einen Bodenkampf, der von Rofur zur Sicherheit nicht ausgeschlossen wird. Die Kürze und Verschachtelung der Seile, um die Gargoylen am Fortreißen und Niederwerfen ihrer Opfer zu hindern. Jede Gruppe zur Sicherheit über ein dickes Tau mit der Nebengruppe gesichert. Mit der Karawane als Mittelpunkt. Dies macht sie langsamer, aber unumstößlich. Dann setzen sie sich in Marsch.
Die Reise beginnt verdächtig ruhig. Kein Wunder, waren sie doch noch zu nahe an Herdweiler, sodass eine Flucht gelingen konnte. Außerdem könnte der enorme Schutz der Karawane abschrecken. Ein wahrer Kommandant verlässt sich auf so etwas jedoch nicht. In der Mitte des Passes werden die Esel auch bald unruhig. Sie viehern und halten die Gruppe fest, durch ihr Bocken. Da nimmt ein Soldat das Messer in der zweiten Ostgruppe. Rofur der ganz vorne geht sieht es nicht, aber Grimnus leitet die letzte Gruppe. Dann erschallt ein Schuss und das Messer zerspringt kurz vorm Schnitt und verletzt den Soldaten an der Hand. „Wage es nicht einmal das Seil nur anzugucken!“ Ertönt es von hinten. „Es soll Dir den Arsch retten und unsere Mahlzeit sichern.“ Rofur hält kurz an und gibt in der Ferne ein Nicken zu verstehen. Dann pressen sie die Esel weiter vor. Noch langsamer als bisher.
Ein ohrenbetäubendes Kreischen ertönt am Himmel und setzt die Männer kurz außer Gefecht. Sogleich spüren einige einen starken Zug an Hüfte oder Seil oder die Pranken in den Schultern. Reflexartig ziehen die anderen am Seil und lassen die Gargoylen in einem atemberaubenden Richtungswechsel gegen den Boden schellen. Kurz danach stürmen sie auf sie ein, solange noch Zeit ist. Unmerklich danach ist die erste Schlacht geschlagen und nur zwei Verluste zu beklagen.
Ein Aufschrei der Erleichterung geht durch die Männer. Fast schon euphorisch feiern sie diesen Sieg gegen die Belagerung. Doch Rofur mahnt zur Vorsicht. Die Seile werden gezielt an einzelnen Punkten abgetrennt und neu verknüpft. Die toten Körper kommen auf die Mulis. Nichts würde dem Siegeswahn überlassen.
Rofur behält auch Recht. Der Lich Kel'Thuzad, anscheinend unwillens die Belagerung scheitern zu lassen, rückt in größerer Zahl mit den Gargoylen an. Schnell kommt es zu einem Bodenkampf. Jetzt verlustreich, aber wegen der gelassenen Kampffreiheit der durchhängenden Seile nicht viel Schlimmer als ein freier Kampf. Allerdings ist diesmal eine Karawane gänzlich verloren. Das unnötige Kleinod wie Waffen wird zurückgelassen, um es später aufzulesen mit einer anderen Karawane. Nahrung und Briefe jedoch werden mit fort genommen.
Endlich erreichen sie den Passausgang. Ab hier herrscht wieder Armbrust und Lufthoheit des Kreuzzuges. Geschafft. Siebenunddreizig Gargoyle fanden den Tod und nur dreizehn Kämpfer. Die Belagerung ist gebrochen. Das System würde sich etablieren.

Der gefallene Held

Sir Rofur wurde schon sehnsüchtig erwartet. Der Tagesausflug war nicht unbemerkt geblieben. Speziell bei den hungernden Offizieren und Vorgesetzten.
Während Grimnus noch mit den anderen das Essen – im Verhältnis 4 Ladungen für die Offiziere und eine für die Soldaten – Post und Kleinod ablädt, wird Rofur von den Offizieren in das Haupthaus begleitet. Erst spät am Abend erfährt er warum. Es war ein fürstliches Mahl geplant. Eine große Mahlzeit für die Helden der Karawane und ein angemessenes Essen für die anderen. Wahrhaft königlich musste man schon sagen nach der vorherigen Esskultur im Kloster.
Es wurde Abend und man erzählt sich unter der Hand, dass Sir Rofur aus dem Haupthaus in den äußeren Trakt gebracht wurde. Es wurde viel gemunkelt, aber eines schien sicher. Er würde für den Ungehorsam und die Eigeninitiative bestraft. Allen schien klar, dass es eher an den leeren Bäuchen der Offiziere lag. Grimnus eilt zum Koch und lässt sich seine Suppe mit anderen gegen zwei Leibe Brot und Zwergenbier tauschen. Er fand einige die zusammenlegten. Am Ende hatte er genug Essen für drei. Dann verschwindet er nach draußen.
Unterdessen wartet Sir Rofur hinter einem abgeschirmten Verschlag auf seine Diziplinarstrafe. Da er in der Folter bewandert war wurde sie extra hoch angesetzt. 1000 Schläge mit der Peitsche. Der einzige Grund, warum man ihn nicht degradierte oder hinrichtete war der Erfolg der Mission. Es wäre ein schlechtes Schaubild für die anderen. Daher auch die geheime Bestrafung. Es sollte totgeschwiegen werden und Rofur musste zustimmen. Später tritt dann ein alter Bekannter ein, dem er den Posten als Foltermeister abgerungen hatte. Eine gute Wahl, um ihn zu disziplinieren.
„Hier Eure Strafe!“ Rofur lächelt, als der Folterknecht ihm ein ganzes Brot reicht. Seine Belohnung für das gehorsame Auspeitschen Rofurs? „Ihr habt heute neue Freunde gewonnen.“ „Und alte Feuer geschürt. Scheint mir.“ Der Folterknecht erwidert das Lächeln, als er seine Fesseln löst. „Esst, in des Ich dieses Stück frisches Leder klangecht auspeitsche.“ Dann betont er für Rofur noch einmal den Grund. „Ein Zwerg gab es mir.“ Die Nacht über peitscht das Knallen des Folterwerks in den Hallen des Klosters. Insgesamt 1038. Man wollte ja nicht geizen. Der Wunsch der Offiziere bestand. Rofur würde immer angegeben es hätte keine Strafe gegeben.

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